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Bundesweite Umfrage zeigt: Kinderkliniken zeigen hohe Einsatzbereitschaft bei der Betreuung von Flüchtlingskindern

 

Das Ergebnis ist wenig überraschend: Sowohl in Bayern als auch in Gesamtdeutschland setzen sich die Kinderkliniken in hohem Maße ein, um Flüchtlingskinder mit zum Teil ungewohnten Krankheitsbildern und traumabedingten psychischen Störungen medizinisch gut zu versorgen. 135 Kinderkliniken und Abteilungen für Kinder- und Jugendmedizin sowie vereinzelt niedergelassene Ärzte hatten sich an der bundesweiten Umfrage beteiligt, so dass sich ein repräsentatives Bild der Herausforderungen im Zusammenhang mit der (sozial-)medizinischen Betreuung von Flüchtlingskindern ergibt.

„Das hohe Aufkommen an Flüchtlingen, in den letzten Monaten, hat sich auch auf die deutschen Kinderkliniken und Abteilungen für Kinder- und Jugendmedizin ausgewirkt“, erklärt der SGKJ-Vorsitzende Prof. Dr. Matthias Keller, selbst Chefarzt der Kinderklinik Dritter Orden Passau, die im Grenzgebiet zu Österreich liegt und damit stark vom Flüchtlingszustrom betroffen ist. Der erhöhte Bedarf an Betreuung von Flüchtlingskindern betreffe jedoch nicht ausschließlich Kinderkliniken im Grenzgebiet sondern nahezu alle an der Umfrage teilnehmenden Kinderkrankenhäuser deutschlandweit. „Hervorzuheben ist, dass die Kinderkliniken auch in dieser Ausnahmesituation ihrem Versorgungsauftrag nachkommen und sich - häufig über das übliche Maß hinaus - für die Flüchtlingskinder und ihre Familien engagieren“, erklärt auch Dr. Andreas Artlich, ebenfalls Vorstandsmitglied der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V..

Von den Umfrage-Teilnehmern gaben rund 92 Prozent an, dass die medizinische Betreuung der Flüchtlingskinder zwar machbar sei, allerdings in den meisten Fällen die Grenz der Belastbarkeit erreicht sei. „Im Durchschnitt liegt der organisatorische Mehraufwand im Vergleich zu den bisherigen Patienten bei etwa 60 Prozent. Zurückzuführen ist dies in erster Linie auf die Sprachbarrieren, den Umgang mit ungewohnten Krankheitsbildern und der aufwändigen Organisation von Transporten“, fasst Keller die Ergebnisse der Umfrage zusammen.

Dabei haben viele Krankenhäuser bereits individuelle Lösungen entwickelt, um den Mehraufwand zu kompensieren – „beispielsweise durch die eigenverantwortliche Organisation von Dolmetscherdienstleistungen, einer Aufstockung und Weiterqualifizierung des Personals und einer Umstrukturierung von Abläufen im Klinikalltag“, schildert der Chefarzt auch aus eigener Erfahrung. Viele Einrichtungen stoßen allerding mittlerweile mit den provisorischen Lösungen an ihre Grenzen, zudem sinke durch die zunehmende Belastung über mehrere Monate die Akzeptanz bei den Mitarbeitern.

Auch ambulant, häufig direkt in den Flüchtlingscamps, übernehmen laut den Umfrage-Initiatoren Klinikmitarbeiter Verantwortung für die medizinische Betreuung von Flüchtlingskindern. Nicht zu unterschätzen sei der Bedarf an psychologischer Zuwendung für die meist traumatisierten Kinder. „Auch hier bieten über 70 Prozent der befragten Kliniken Hilfe an, doch fast zwei Drittel erhalten für ihre Zusatzleistungen keine Vergütung“, berichtet Dr. Artlich.

Die aus den Ergebnissen der repräsentativen Umfrage zur Betreuungssituation von Flüchtlingskindern resultierenden Forderungen sind eindeutig: Für die organisatorische Bewältigung und die Übernahme der zusätzlichen Kosten braucht ein Großteil der Kliniken mehr Unterstützung durch staatliche Stellen. „Zentrale Lösungsansätze, die eine strukturierte Hilfe ermöglichen, sollten behelfsmäßige Ansätze ersetzen und somit zum Wohle der Kinder und ihrer Familien als auch zur Erleichterung der Arbeit aller Beteiligten beitragen“, betont die SGKJ-Vorstandschaft einstimmig. Dazu zähle beispielsweise ein zentrales Fallmanagement für Flüchtlingskinder in Krankenhäusern, eine bessere Vernetzung mit den Organisationsstrukturen der Gemeinschaftsunterkünfte, eine optimierte Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden sowie die Klärung der Kostenübernahme für den medizinischen, pflegerischen und organisatorischen Mehraufwand und vor allem für Dolmetscherdienste. Mit diesen Forderungen, die auch von der wissenschaftlichen Fachgesellschaft der Kinder- und Jugendmedizin in Deutschland, DGKJ und von der Gesellschaft der Kinderkrankenhäuser in Deutschland, GKinD unterstützt werden, hat sich die SGKJ nun an die Politik gewandt.